Mai 12, 2023

Herzinfarkt oder Sodbrennen? KI-gestützte Ersteinschätzung lotst Patienten zur richtigen Versorgungsstufe

Mai 12, 2023

Die DMEA 2023 hat Ende April die europäische Digital Health-Szene in Berlin versammelt und gezeigt, welche aktuellen Trends die Branche bewegen. Auch der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) war ein zentrales Thema. Dr. med. Carol Wildhagen, Deutschland-Geschäftsführerin von Platform24, präsentierte auf der DMEA-Hauptbühne, wie KI bereits heute medizinisch sicher und mit Mehrwert in Form der digitalen Anamnese und medizinischen Ersteinschätzung zum Einsatz kommt.

Künstliche Intelligenz verspricht auch in der Medizin eine Revolution. Bildgebende Verfahren wie Röntgenbilder oder Netzhaut-Scans werden bereits erfolgreich von Algorithmen unterstützt. Doch auch die Dokumentation und Informationsbeschaffung erfährt dank Open AI-Technologien zunehmend Fortschritt und verspricht eine signifikante Zeitersparnis auf Seiten der Fachkräfte. 

Auf der DMEA Kongress-Session rund um den praxisnahen Einsatz von KI waren sich die eingeladenen Panelisten einig, dass in KI großes Potenzial steckt. Um dieses in Zukunft ausschöpfen zu können, sei es wichtig, medizinische Sicherheit und Transparenz an oberste Stelle zu setzen – auch, um das Vertrauen des medizinischen Fachpersonals in neue Technologien zu stärken. Dr. med. Carol Wildhagen, Deutschland-Geschäftsführerin von Platform24, zeigte in ihrem Vortrag auf, wie künstliche Intelligenz  in dem nach MDR als Medizinprodukt zertifizierten Software-Modul von Platform24 zur digitalen Anamnese und medizinischen Ersteinschätzung eingesetzt wird, und wie die digitale Lösung in einer hybriden Gesundheitsversorgung zu einer effizienteren Patientensteuerung in der Praxis beiträgt. 

Der richtige Patient zur richtigen Zeit am richtigen Ort

Mittels der Platform24-Software zur digitalen Anamnese und medizinischen Ersteinschätzung werden Patient:innen der für ihre Beschwerden adäquaten Versorgungsstufe zugeleitet – sei es die Selbstbehandlung, die Arzt-Konsultation oder das sofortige Aufsuchen einer Notaufnahme. Kurz gesagt: Patient:innen wissen dank der Software, ob sie wirklich eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen müssen, zeit- und ortsunabhängig und medizinisch gesichert. 

Automatisierter Ablauf in drei Schritten

Der Zugriff auf die White-Label-Software erfolgt via App oder Website. Über drei Phasen werden Patient:innen nutzerfreundlich, automatisiert und sicher durch folgenden Prozess geführt.

  1. Über eine Suchfunktion beschreiben sie ihre Hauptbeschwerden in eigenen Worten. Dabei setzt die Software auf “Natural Language Processing” (NLP) – eine Methode der künstlichen Intelligenz, die es Computern ermöglicht, die natürliche Sprache des Menschen zu verstehen. Das macht die Eingabe für Nutzer:innen intuitiv, zeitsparender und ermöglicht eine größere Vielfalt, da auch individuelle Beschreibungen wie „Kopfschmerzen und Fieber seit 3 Tagen“ möglich sind. Die Software prüft, welche der über 1.000 Suchbegriffe, die dem System aktuell bekannt sind, am besten mit der Beschreibung des Patienten übereinstimmen. 
  2. Erst wenn der/die Patient:in den vorgeschlagenen Suchbegriff aktiv bestätigt, wird ein standardisierter Fragebogen gestartet.  
  3. Die aus den Antworten resultierende medizinische Ersteinschätzung und Versorgungsempfehlung erfolgt im Sinne höchster medizinischer Sicherheit auf Grundlage eines Expertensystems – eine Form der KI, die Problemlösungen und Handlungsempfehlungen aus einer Wissensbasis ableitet und vordefinierten Regeln und Bedingungen folgt. Jede Entscheidung des Systems ist eindeutig auf diese zurückzuführen und damit klar abzugrenzen von Systemen, die auf mathematischen Modellen basieren. Die Entscheidung, ob eine Patient:in einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen muss, sollte angesichts des noch geringen Reifegrades dieser Modelle nicht auf Wahrscheinlichkeiten basieren.
    Die in der Software von Platform24 ausgespielte Ersteinschätzung folgt evidenzbasierten und deterministischen Regeln, die aus einer Bedingung und einer Reihe von Attributen bestehen. Zu den Attributen gehören z.B. Dringlichkeit, Versorgungsgrad oder Art der Konsultation. Ein Beispiel für eine Regel wäre: „WENN der Patient seit mindestens einem Tag Fieber, Schüttelfrost und Kopf- oder Muskelschmerzen hat und in einem Teil der Welt war, in dem Malaria häufig vorkommt, DANN sollte die Dringlichkeit ’sofort‘ sein“.  

MDR-zertifiziert und millionenfach eingesetzt

Die Software von Platform24 wurde im Juni 2022 als eine der ersten ihrer Art als Medizinprodukt der Klasse IIa nach der Medical Device Regulation (MDR) zertifiziert und erfüllt nachweislich die verschärften Anforderungen an ein Medizinprodukt im Hinblick auf Sicherheit, Leistungsfähigkeit und Qualitätsmanagement. In Schweden wird sie von mehr als einem Drittel der öffentlichen Gesundheitsregionen sowie einem Großteil der führenden schwedischen Versicherungen genutzt. Sie kam bereits über 5 Millionen Mal zum Einsatz, um den Schweregrad sowie die Dringlichkeit von gesundheitlichen Beschwerden einzuschätzen und Patient:innen der für sie richtigen Versorgungsstufe zuzuleiten. Die gesammelten Erfahrungen und Daten untermauern nicht nur die signifikante Reduktion medizinischer Fehleinschätzungen, sondern auch den enormen Mehrwert in Bezug auf die Nutzung klinischer Ressourcen. 

Dieser könnte sich in vergleichbarer Weise auch in Deutschland niederschlagen, stellte Dr. Carol Wildhagen heraus. Eingesetzt als als integraler Bestandteil eines Patientenportals könnten sich beispielsweise Krankenhäuser zukunftsfähig aufstellen und eine digitale Begleitung und Steuerung nicht nur für die elektiven, sondern auch für die akuten Fälle bereitstellen und u.a. der brisanten Lage in überfüllten Notaufnahmen entgegentreten. Auch für Krankenversicherungen bietet die Software eine effektive und serviceorientierte Lösung in der digitalen Begleitung und Steuerung von Versicherten.

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Written by

Stephanie Kunz

Head of Communications Germany